Baukultur in Hessen

Dem Wissen darum, dass die Wirkung von Archi­tektur und Archi­tekten sich in gesell­schaft­li­chen Prozessen vollzieht, ist die „BDA-Auszeich­nung für Baukultur in Hessen“ geschuldet. Sie würdigt, dass es enga­gierte Menschen gibt, die bereit sind, im Dialog mit Archi­tekten gute Lösungen zu befördern und für sie einzu­stehen. Sie erkennt an, dass für gute Archi­tektur ein Diskurs statt­finden muss, in dem Archi­tektur auf das überprüft wird, was von ihr erwartet werden kann.

Es ist kaum zu übersehen, dass sich die Voraus­set­zungen, unter denen Archi­tektur entsteht, verändert haben. Aus Bauherren werden Inves­toren, Bürger äußern mitunter vehement ihre Unzu­frie­den­heit mit bereits weit gedie­henen Planungen, die Kreativen unter ihnen nehmen die Dinge selbst in die Hand, zivil­ge­sell­schaft­liche Akteure verstehen sich immer mehr als verant­wor­tungs­volle Partner in Fragen von Archi­tektur und Planung. Die Bedeutung von Zwischen­nut­zungen nimmt zu, Bündnisse auf Zeit entstehen, weil die lang­fris­tige Stabi­lität von Gemein­schaften immer weniger gewähr­leistet ist. Gleich­zeitig über­la­gern und bremsen büro­kra­ti­sche Vorgänge nicht selten den produk­tiven Austausch darüber, in welchen Häusern wir leben und arbeiten wollen. Und mehr als je zuvor ist die Arbeit der Archi­tekten und Planer darauf gerichtet, einen Umgang mit dem Gebäu­de­be­stand zu finden. Ange­sichts der skiz­zierten Verän­de­rungen heißt es, immer wieder neu zu bestimmen, was diese Selbst­ver­pflich­tung konkret bedeutet.

Archi­tektur ist ein perma­nenter gesell­schaft­li­cher Prozess, in dem sich vollzieht, was diese Gesell­schaft ausmacht. Deswegen ist Archi­tektur nie nur die Ange­le­gen­heit derer, die sie entwerfen. Erst durch die Aneignung und die Inbe­sitz­nahme der Räume erfüllt sich der Sinn von Archi­tektur, entsteht sie als Mittel des Umgangs mit der Umwelt. Gestal­tung erweist sich nur dann als relevant, wenn sie sich im Alltag bewährt, ihn erleich­tert und darin einlöst, wozu wir im Sinne einer lebens­fä­higen Zukunft aufge­for­dert sind: ökolo­gi­sche Verant­wor­tung zu über­nehmen, Zusam­men­ar­beit und Wissens­aus­tausch zu fördern, Bildung zugäng­lich zu machen und den sozialen Frieden zu gewähr­leisten.

Es geht bei der BDA-Auszeich­nung für Baukultur also nicht darum, Partner zu würdigen, die Archi­tekten Hilfe­stel­lung bei der Verwirk­li­chung von gestal­te­ri­schen Vorlieben geben. Es geht darum, die Leistung derer anzu­er­kennen, die die Kultur des Austauschs fördern, die Archi­tektur als Teil gesell­schaft­li­cher Zusam­men­hänge in die Pflicht nehmen, die den Wert von Archi­tektur bei der Entwick­lung des sozialen Mitein­an­ders erkennen. Die Auszeich­nung wird an Persön­lich­keiten, an Initia­tiven, Programme, Insti­tu­tionen und Unter­nehmen vergeben – nach 2005 und 2010 in diesem Jahr zum dritten Mal. Der BDA Hessen bedankt sich damit für das Enga­ge­ment im gemein­samen Anliegen.

2015 erhalten die „BDA-Auszeich­nung für Baukultur in Hessen“ die Schader-Stiftung in Darmstadt für die Erar­bei­tung von quali­fi­zierten wissen­schaft­li­chen Grund­lagen für die Praxis und die Förderung des Dialogs zwischen den an Planung und Bau betei­ligten Akteuren; die Redaktion der Rhein-Main-Zeitung der FAZ und die Redak­teure Mechthild Harting, Matthias Alexander und Rainer Schulze für den regel­mäßig und gründlich geführten und damit auch einge­for­derten allge­meinen urbanen Diskurs über Frankfurt und die Region; die Evan­ge­li­sche Akademie Frankfurt und der Leiter des Themen­felds „Kunst & Stadt“, Christian Kaufmann, dafür, eine archi­tek­to­ni­sche Debatte zu fördern und Denk­an­stöße über aktuelle städ­ti­sche Entwick­lungen, Prozesse und deren Akteure zu geben; der Hoch­tau­nus­kreis und sein Programm „Schulen für das 21. Jahr­hun­dert“, dank dessen in Bildung mit höchsten Quali­täts­an­sprü­chen inves­tiert werden kann, sowie der Verein Kultur­Bahnhof Kassel, der mit dem Einsatz für ein quali­tät­volles Archi­tek­tur­kon­zept der regio­nalen Kultur­szene einen ange­mes­senen Rahmen und eine lang­fris­tige Perspek­tive geschaffen hat.

Die Preis­ver­lei­hung findet am 27. Februar 2015 ab 18 Uhr im Deutschen Archi­tek­tur­mu­seum in Frankfurt statt.

Susanne Wartzeck, Christian Holl

Fotos: Kultur­Bahnhof Kassel e.V./ Günther Dächert/​Eibe Sönnecke