Betonkopf

Müther-Ausstel­lung in Stuttgart

Als einer der führenden Kapa­zi­täten der damals weltweit beliebten Beton­scha­len­kon­struk­tionen zählte in den 1960er Jahren Ulrich Müther. Der in Binz geborene und 2007 dort auch verstor­bene Bauin­ge­nieur und ‑unter­nehmer entwarf an der Ostsee mehrere Pres­ti­ge­ob­jekte der DDR, die im Kontrast zu den sonst üblichen seriellen Plat­ten­bauten standen. Mittels spezi­eller scha­len­loser Spritz­be­ton­ver­fahren gelangen Müther in Zusam­men­ar­beit mit dem ‚VEB Spezi­al­be­tonbau‘ frei­tra­gende Beton­formen, die teilweise mit nur sieben Zenti­me­tern Dicke bis zu 40 Meter über­spannen konnten. Müthers Konstruk­tionen wurden zu Export­ar­ti­keln, die beispiels­weise bei einer Moschee in Jordanien Verwen­dung fanden oder bei mehreren Zeiss-Plane­ta­rien weltweit – darunter auch in Wolfsburg, woraufhin Volks­wagen 10.000 PKWs in die DDR lieferte. Nach der Wende waren einige seiner Bauten mangels Nutzung von Abriss bedroht, konnten jedoch gerettet werden. Schlechter erging es dem „Ahorn­blatt“ in Berlin, dessen Abriss im Jahr 2000 trotz Denk­mal­schutz über­re­gional für Kritik sorgte. Das dadurch kurz­zeitig aufflam­mende Interesse an der DDR-Nach­kriegs­mo­derne täuscht aber über die mangelnde Ausein­an­der­set­zung mit Müther und seinem archi­tek­to­ni­schen Kultur­erbe hinweg, dem immer noch zu wenig Beachtung geschenkt wird.

Mit der aktuellen Ausstel­lung „Ulrich Müther – In Beton gegossen“ möchte die archi­tek­tur­ga­lerie am weißenhof das Augenmerk wieder auf den teilweise in Verges­sen­heit geratenen DDR-Baumeister richten. In Zusam­men­ar­beit mit dem Müther-Archiv der Hoch­schule Wismar, welches Müthers Erbe seit 2006 verwaltet und erforscht, beleuchtet die Ausstel­lung neben den span­nenden Beton­kon­struk­tionen auch die Planungs- und Baukultur in der DDR allgemein. Die bereits im Februar gestar­tete Schau läuft noch bis Anfang April. Bei mehreren anste­henden Terminen hat der Besucher die Möglich­keit, einen tieferen Einblick zu erhalten: Während der ‚Nacht der Museen‘ am 15. März werden stündlich Führungen durch die Ausstel­lung angeboten, einen Vortrag mit Vorfüh­rung findet am 2. April am Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstru­ieren der Uni Stuttgart statt.
Red.

Ulrich Müther – In Beton gegossen
Ausstel­lung:
27. Februar bis 6. April

Mi – Fr, 14.00 bis 18.00 Uhr
Sa u. So, 12.00 bis 18.00 Uhr
archi­tek­tur­ga­lerie am weißenhof
Am Weißenhof 30
70191 Stuttgart
Eintritt frei

Führungen:
Lange Nacht der Museen
Sa 15. März, stündlich 19.00 bis 23.00 Uhr
Vortrag und Vorfüh­rung:
Scha­len­tra­werke — Vergan­gen­heit, Gegenwart, Zukunft
2. April, 19.00 Uhr
Univer­sität Stuttgart
ILEK — Institut für Leichtbau Entwerfen und Konstru­ieren
Pfaf­fen­wald­ring 14
70569 Stuttgart

Fotos: Wilfried Dechau, Müther-Archiv