Money, Money, Money

der schöne gebrauch

Zur Gestal­tung von Geld­scheinen

Die Norwe­gi­sche Staats­bank hat Ende letzten Jahres die neuen Geld­scheine präsen­tiert, die ab 2017 in Norwegen in Umlauf gebracht werden sollen. Hervor­ge­gangen sind die Entwürfe aus einem im Frühjahr 2014 gestar­teten Grafik­de­sign-Wett­be­werb zwischen acht einge­la­denen Büros zum Thema „Das Meer“. In den nächsten zwei Jahren werden die Entwürfe unter sicher­heits­tech­ni­schen Aspekten verfei­nert. Was an anderer Stelle in Folge eines Wett­be­werbs jedoch oft zu Unmut führt, darf der Norges Bank in diesem Fall hoch ange­rechnet werden: Statt einen Sieger zu küren, entschied man sich dazu, zwei Gewinner zu benennen, einen für die Vorder- und einen für die Rückseite der Banknoten.

Die „recto“ genannte Vorder­seite gestalten The Metric System (ein in Oslo behei­ma­tetes Grafik­de­sign­studio) und Terje Tønnesen, der Entwurf für die „verso“ genannte Rückseite stammt von den gestal­te­ri­schen Tausend­sassas von Snøhetta. The Metric System hatten ihr Konzept mit „The living spaces” über­schrieben und führen eine Serie von klas­si­schen maritimen Motiven ein: Leucht­turm, Groß­segler, die Über­blen­dung eines histo­ri­schen Wikin­ger­schiffs mit einer heutigen Fähre, Fisch­zucht und die tosende Gischt auf offener See.

Neben dieser schön in Szene gesetzten Konkre­ti­sie­rung ist Snøhettas Entwurf eine Art diame­traler Widerpart: eine Spanne unter­schied­lich „hart“ und „weich“ gepi­xelter abstrakter Bilder der See. Der Härtegrad zeigt sich dabei in der Länge der Pixel und variiert von der „weichen“, feiner gepi­xelten 50-Kronen-Note zur „harten“, fast schon einem Balken­dia­gramm ähnelnden 1000-Kronen-Note. Die Designer leiten dieses Bild aus der Beaufort-Skala ab: auf dem kleinen Schein sei der Wind leicht, finde seinen Ausdruck also in kurzen, kubischen Umrissen und langen und fried­li­chen Wellen, auf dem großen Schein dagegen sei er stark, ausge­drückt durch die scharfen, langen Kuben und kurzen farb­li­chen Wellen.

Mit einigem Neid wird man als gestal­tungs­af­finer Mensch also einmal mehr nach Skan­di­na­vien schauen. Vor allem mit Blick auf die eigenen Banknoten der euro­päi­schen Währungs­union, die doch etwas plump mit dem Zaunpfahl der Analogien wedeln und auf der recto Fenster und Tore sowie auf der verso Brücken zeigen. Das eine ebenso wenig subtiles Bild für die vermeint­liche Offenheit der EU wie das andere für die Zusam­men­ar­beit und Gemein­schaft in ihr. Schuld daran tragen wohl nicht die Gestalter der euro­päi­schen Geld­scheine:  zu sehr gleicht das Verfahren, in dem die Euro-Entwürfe entstanden, dem der Norwe­gi­schen Staats­bank. Auch der erste Euro-Entwurf ist aus einem einge­la­denen Wett­be­werb entstanden, an dem sich seiner­zeit 29 Grafiker betei­ligten, die insgesamt 44 Entwürfe einreichten. Vielmehr scheint die Sorge, einer Nation zu nahe zu treten, Inter­essen zu verletzen oder sonstige Miss­stim­mungen zu erzeugen, die Auslober zu einem derar­tigen Korsett der Ausschrei­bung gezwungen zu haben, dass selbst wirklich gute Designer nur noch wenig ausrichten und auch die Frutiger als Schrift für den Satz nur wenig Linderung schaffen konnte.

Die erste Euroserie immerhin hatte Robert Kalina gezeichnet, der sich zuvor unter anderem für die Gestal­tung der öster­rei­chi­schen Schilling-Noten verant­wort­lich zeigte. Die seit 2013 im Umlauf befind­liche und „Europa-Serie“ genannte zweite Reihe kommt aus der Feder von Reinhold Gerstetter. Obschon bis dato nur 5- und 10-Euro-Scheine dieser Reihe im Umlauf sind, lässt sich zweierlei sagen: Der Entwurf ist ein Stück besser und aufge­räumter als der von Kalina, und bei einer solchen Aufgabe kann selbst ein guter Gestalter wie Gerstetter die Kartof­feln kaum aus dem Feuer natio­naler Eitel­keiten holen. Reinhold Gerstetter hatte in der Vergan­gen­heit neben vielen anderen auch die Entwürfe für die letzte Serie der D‑Mark-Scheine umgesetzt,  wie auch die von 1975 bis 1982 laufende groß­ar­tige Brief­mar­ken­serie „Industrie und Technik“ für die damalige Bundes­post. Der Euro ist ihm nicht anzu­lasten – aber leider auch nicht anzu­rechnen.

Anders wird es sich wohl für The Metric System und Snøhetta darstellen, obschon die endgül­tigen Geld­scheine in ihrer Erschei­nung gegenüber dem jetzigen Entwurfs­stand noch einmal variieren dürften, wenn sie erst einmal alle nötigen Sicher­heits­stan­dards erfüllen.

David Kasparek