Veran­stal­tungs­reihe 2012: Stadt­zu­gänge

BDA Nordrhein-Westfalen

Die Veran­stal­tungs­reihe fand vom 10. bis 24. September in Aachen, Bonn, Dortmund, Düssel­dorf / Neuss, Hagen, Hattingen, Hilden, Köln und Wuppertal statt. Mit dem Begriff „Stadt­zu­gänge“ war das Thema breit gefasst. Vor dem Hinter­grund unter­schied­li­cher Situa­tionen in den betei­ligten Städten gab es einen bunten Strauß von Veran­stal­tungen, die auf großes Interesse stießen.

Der Landes­vor­sit­zende Peter Berner eröffnete die Reihe mit einer Ausstel­lung des BDA Köln unter dem Titel „be welcome“. Drei renom­mierte Archi­tek­tur­fo­to­grafen – Paul Ott, Veit Landwehr und Lukas Roth – präsen­tierten ihre sehr persön­li­chen Sichten auf die Stadt Köln. Den Grazer Paul Ott haben die Hoch­häuser faszi­niert. Veit Landwehr zeigte beleuch­tete und dennoch düstere Fußgän-gerun­ter­füh­rungen, Durch­gangs­räume, die, hat man sie über­wunden, die Stra­ßen­ebene in freund­li­chem Licht erscheinen lassen. Lukas Roth hat die Ansicht der Marzel­len­straße foto­tech­nisch von allem störenden Beiwerk wie Stra­ßen­mö­blie­rungen, Beschil­de­rung und Schmutz befreit. Ausdruck seiner Sehnsucht nach der „schönen Stadt“?

Foto: Lukas-Roth
Marzel­len­straße Köln; Foto: Lukas-Roth

Aber was ist eine schöne Stadt, was eine hässliche? Boris Sieverts führte die Teil­nehmer seiner Exkursion in unbe­kannte Nischen und verbor­gene Räume rund um Dom und Haupt­bahnhof. Selbst „altein­ge­ses­sene“ Kölner erlebten ihre Stadt dabei ganz neu.

Räumliche Stadt­zu­gänge
Die halb­tä­gige Tour des BDA Düssel­dorf führte etwa 70 Inter­es­sierte durch die Düssel­dorfer und dann die Neusser Innen­stadt sowie schließ­lich durch die verbin­denden Häfen zurück nach Düssel­dorf. Die jewei­ligen Industrie- und Handels­kam­mern waren ebenso beteiligt wie mehrere Immo­bi­lien- und Stand­ort­ge­mein­schaften, Politiker und Mitar­beiter der Planungs­ver­wal­tung beider Städte, Jour­na­listen und natürlich Archi­tekten und Bürger.

Wichtige Gesprächs­themen waren die trotz mehrerer Planungs­an­läufe immer noch nicht absehbare Verbes­se­rung der Situation auf dem Bahn­hofs­vor­platz in Düssel­dorf sowie die Qualität der Zugänge zu den Innen­städten Düssel­dorfs und Neuss’ von den Bahnhöfen aus. Die Veran­stal­tung wurde von allen Betei­ligten als Auftakt für weitere Dialoge zwischen den beiden Städten und den unter­schied­li­chen Inter­es­sen­gruppen gesehen.

Welche Ausstrah­lung auf einen ganzen Stadtteil die Umge­stal­tung des Stadt­zu­gangs vom Bahnhof aus haben kann, hat der BDA Bergisch Land am Beispiel des Hildener Bahnhofs und seines Umfelds deutlich gemacht. Die Sanierung des denk­mal­ge­schützten Bahn­hofs­ge­bäudes und seines Vorplatzes hat einen Revi­ta­li­sie­rungs­pro­zess der Hildener Unter­stadt in Gang gesetzt, der vom neuen Anstrich über Neubauten bis hin zur Entwick­lung eines Gewer­be­ge­biets reicht. Private Initia­tiven haben öffent­liche infra­struk­tu­relle Maßnahmen nach sich gezogen.

Kollegen des BDA Wuppertal haben sich der Stadt aus verschie­denen Himmels­rich­tungen genähert: von Westen über die A 46 und vom Sonn­borner Kreuz her und von Südosten aus Richtung des idyl­li­schen Beyenburg. Während der Zugang von Westen durch groß­räu­mige Anlagen, Beton­bru­ta­lismus und eine gewisse Eintö­nig­keit geprägt ist, ändern sich aus der Gegen­rich­tung kommend die Bilder und Typo­lo­gien in raschem Wechsel. Als „Stadttore“ sind am ehesten Verkehrs­bau­werke wie die das Tal über­grei­fenden Auto­bahn­brü­cken iden­ti­fi­zierbar. Mit Hilfe von Licht­in­stal­la­tionen könnten diese Punkte noch markanter hervor­ge­hoben werden.

Aus Richtung Trier nach Aachen kommend, an der Schnitt­stelle zum Alleen­ring, tut sich seit längerer Zeit eine große Brache auf: der Kaiser­platz. Hier wurde groß­flä­chig abge­rissen, bevor das neue Projekt gesichert war. Eine urbane Wunde, ein Ärgernis! Auf Einladung des BDA Aachen nutzte die Licht­künst­lerin Nikola Dicke die angren­zenden Brand­wände für ihre eindrucks­vollen Projek­tionen. Die Belebung und „Aufladung“ dieses desolaten Ortes soll natürlich über das Event selbst hinaus wirken und einen Impuls für die Weiter­ent­wick­lung des Standorts liefern.

Für den Stadt­zu­gang vom Wasser aus hat der BDA Bonn-Rhein-Sieg einen zugleich kreativen und prag­ma­ti­schen Vorschlag ausge­ar­beitet: etliche große Unter­nehmen, Insti­tu­tionen und Hotels sind direkte Anrainer des Rheins. Man könnte doch, so der BDA, die fluss­nahen Wohnlagen durch einen Wasserbus mit den Quar­tieren der Arbeit verbinden. Bei einer Schiff­fahrt, an der mehr als 100 Inter­es­sierte teil­nahmen, wurde die Strecke erprobt. Verkehrs­ver­bände, Umwelt­gruppen und Politiker haben sich bereits positiv zu dem Vorschlag geäußert.

Einladung BDA-Wassertaxi

Mit der Bedeutung des Wassers im Kultur­raum Stadt hat sich der BDA Bochum beschäf­tigt. In aufein­ander aufbau­enden Vorträgen wurden die ökolo­gi­schen Her-ausfor­de­rungen und Chancen durch den Einsatz von Wasser in der Stadt, die Poten­tiale des Wassers zur Vernet­zung des Ruhr­ge­biets sowie die grund­sätz­lich anders­ar­tige Wahr­neh­mung, Erreich­bar­keit und Sinn­lich­keit einer Stadt vom Wasser aus in faszi­nie­renden Beispielen und Bildern darge­stellt.

Emotio­nale Stadt­zu­gänge und Stadt­bilder
Der BDA Hagen-Ennepe-Mark hatte verschie­dene Bevöl­ke­rungs­gruppen vorab einge­laden, ihre Wahr­neh­mung der Stadt und ihre Lieb­lings­orte in Hagen als frei gestal­tete Text- und Bild­bei­träge auf Plakaten zu präsen­tieren. Am Veran­stal­tungs­abend gab es einen lebhaften Austausch über die verschie­denen Beiträge.

Emotio­nale Stadt­zu­gänge erkundete auch der BDA Mülheim an der Ruhr, unter­stützt von den Künstlern Nils Kemmer­ling und HeRo. Promi­nente Persön­lich­keiten aus dem Planungs- und Kultur­be­reich hatten vorab die für sie mit Erin­ne­rungen und Emotionen verbun­denen Orte in Mülheim aufge­sucht und beschrieben. Hieraus entstand eine eindrucks­volle filmisch-akus­ti­sche Video­in­stal­la­tion, die Impulse für die Gesprächs­runde Mülheimer Bürger bot. Orte der unge­zwun­genen Kommu­ni­ka­tion und Teilhabe am öffent­li­chen Leben seien wesent­lich zum Aufbau einer emotio­nalen Bindung an eine Stadt, sie würden jedoch zumindest in der Innen­stadt Mülheims stark vermisst. Bedau­er­li­cher­weise glauben viele noch nicht daran, dass das Stadt­ent­wick­lungs­pro­jekt „Ruhrbania“ diese Lücke wird füllen können.

Die Veran­stal­tung des BDA Dortmund stand in losem Zusam­men­hang mit den Plänen der Stadt, eine Image­kam­pagne zu entwi­ckeln. „Dortmund neu sehen“ heißt, noch genauer hinsehen und sich bewusst machen, was die Stadt ausmacht: das inzwi­schen vielfach schon umge­nutzte archi­tek­to­ni­sche Erbe des Indus­trie­zeit­al­ters, Archi­tektur und Städtebau der Nach­kriegs­zeit – mit erst allmäh­lich wieder entdeckten Quali­täten –, die beliebten bürger­li­chen Altbau­quar­tiere, die auf die Groß­stadt­ge­schichte der Stadt verwei­senden Reprä­sen­ta­ti­ons­bauten und Stra­ßen­züge.

Dies sind nur einige Anknüp­fungs­punkte, die für die Entwick­lung eines zukunfts­fä­higen Leitbilds von Bedeutung sind. Nur wenn die verschie­denen Stadt­schichten erlebbar bleiben, werden den Bürgern indi­vi­du­elle und iden­ti­fi­ka­ti­ons­stif­tende Zugänge zu ihrer Stadt bewahrt.

Auch die Stadt Köln arbeitet an ihrem Image. Beim Montags­ge­spräch „Bilder einer Großstadt“ des BDA Köln postu­lierte der Marke­ting­fach­mann Alexander Rauch: „Hinter einer Marke muss eine starke Idee stehen, die erlebbar ist.“ Die Viel­di­men­sio­na­lität einer Stadt wie Köln auf eine zentrale Botschaft zu redu­zieren, sei, wie er einge­stand, schwierig, jedoch im Konkur­renz­kampf der Metro­polen unab­dingbar. Die vom BDA auf’s Podium geladenen Akteure folgten dem Fachmann nur bedingt. Den Marken­bil­dungs­pro­zess bezeich­nete der Künstler Merlin Bauer als „Verschleie­rungs­sze­na­rium“. Das Image einer Stadt werde durch die viel­fäl­tigen quali­tät­vollen Beiträge der Bürger selbst entwi­ckelt, so die Kultur­ma­na­gerin Sabine Voggen­reiter.

Virtuelle Stadt­zu­gänge
Die Nutzung digitaler Medien und Internet-Tools prägt den Lebens­stil vieler Menschen zunehmend und bleibt nicht ohne Auswir­kungen auf die Art und Weise, wie wir unsere Umgebung wahr­nehmen und uns in der Realität bewegen.

Beim BDA-Gespräch des Landes­ver­bands in Düssel­dorf stellten Peter Zeile und Stefan Höffken von der TU Kaisers­lau­tern inno­va­tive Inter­net­platt­formen vor, die Archi­tekten, Planern und Stadt­for­schern zur Verfügung stehen. Viele davon sind auf Vernet­zung und Parti­zi­pa­tion angelegt. Wer möchte, kann also Anschluss an die jeweilige Community finden.

Brigitte Schultz, Redak­teurin der „Bauwelt“, beleuch­tete in ihrem Vortrag „Digitale Revo­lu­tion und realer Raum“ die viel­fäl­tigen Facetten und Auswir­kungen der in fast alle Lebens­be­reiche eindrin­genden Infor­ma­tions- und Kommu­ni­ka­ti­ons­tech­no­logie. Inwieweit sich uns hierbei auch quali­tativ neue und vor allem wertvolle Zugänge zum Erfah­rungs- und Arbeits­feld Stadt eröffnen, war beim Publikum, das sich beim anschlie­ßenden BDA-Fest austauschte, durchaus umstritten. Die Folien beider Vorträge sind auf der Homepage www​.bda​-nrw​.de hinter­legt.
Peter Berner, Uta Joeressen

Foto: Lukas-Roth
Marzel­len­straße Köln; Foto: Lukas-Roth
Einladung BDA-Wassertaxi